Eine gute Fee für mehr Mut
Interview mit Margit Giegerich

· Ute Stephanie Mansion

Nach und nach sollen mehr Frauen im DBSV Verantwortung übernehmen – so sieht es ein Aktionsplan des Verbands vor. Doch nicht immer ist es leicht, Frauen für ein Ehrenamt zu finden. Motivieren statt entmutigen und vor allem sich selbst etwas zutrauen: Das ist das Credo der DBSV-Frauenbeauftragten Margit Giegerich, die ihr Ehrenamt kürzlich in andere Hände gelegt hat. Anlässlich des Weltfrauentages am 8. März berichtet sie über ihr langjähriges Engagement und gibt Tipps zur Motivation. Neue Frauenbeauftragte ist Ute Lutzenberger, Mitglied des DBSV-Präsidiums.

Margit Giegerich trägt kurzes dunkles Haar, eine Brille, dunkle Kleidung und eine Kette mit blütenförmigem Anhänger. Sie steht auf einem sonnigen Weg, im Hintergrund sind verschwommen Büsche und Bäume zu sehen.
Bild: Johannes Mairhofer

Margit, du warst zehn Jahre lang DBSV-Frauenbeauftragte – wie hat sich die Frauenarbeit im Verband innerhalb dieser Zeit verändert?

Ich war ja schon seit 2008 mit einer Kollegin zusammen Frauenreferentin im Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund – da ist die Zeitspanne insgesamt sogar noch ein bisschen größer. In den vergangenen zehn Jahren hat sich einiges getan für die Frauen, die sich auch mehr getraut haben, ein Ehrenamt zu übernehmen, in ihren Landesvereinen in Gremien zu gehen und auf eigenen Füßen zu stehen.

Deine Arbeit als Frauenbeauftragte bestand unter anderem darin, Seminare für Frauen anzubieten. Welche Art von Seminaren sind das?

Ich habe es von Helga Neumann, meiner Vorgängerin, übernommen, jedes Jahr ein DBSV-Frauenseminar zu planen und zu leiten. Einmal ist es ein kleines Frauenseminar – als Fortbildung für die Gruppenleiterinnen der Länder oder die, die es werden wollen. Und jedes zweite Jahr gibt es ein offenes Frauenseminar, zu dem alle, die Interesse haben, kommen können. Am Anfang hatte ich das nicht so auf Themen fixiert, aber in den letzten Jahren habe ich mir immer ein Motto überlegt, auf dem ich das Seminar aufgebaut und die entsprechenden Referentinnen und Referenten gesucht habe.

Zum Beispiel haben wir im Mai 2021, also zu Corona-Zeiten, einen Online-Frauentalk veranstaltet. Mit der blinden Moderatorin und Referentin Dörte Maack, die ja vielen bekannt ist, gab es den Online-Workshop „Blindlings in die Sichtbarkeit“. Es ging darum, innere Barrieren und Bremser zu identifizieren und zu entmachten, die eigenen Stärken zum Leuchten zu bringen und schließlich darum, sich mit „blindentechnischen“ Tricks auf eine Präsentation vor Publikum vorzubereiten. Körperhaltung, Mimik, Gestik und alles, was zu einem gelungenen Auftritt dazugehört, hat die Referentin uns beigebracht. Zwei Online-Seminare und das Projekt „Erfolgreich planen und leiten“ gab es ebenfalls 2021.

Was waren für dich die Höhepunkte innerhalb der zehn Jahre, in denen du die Frauenarbeit des Verbands leitest?

Das Highlight war das Jahr 2021. Wegen der Pandemie war alles ausgebremst, aber beim Frauenreferat lief sehr viel. Die Europäische Blindenunion hatte aufgerufen zu einer Aktion, die Frauen mehr zu fördern, in den Vereinen mehr Verantwortung zu übernehmen, auch in den Vorstandsgremien, und da habe ich zusammen mit Silvia Hame vom DBSV-Präsidium, die mich immer unterstützt hat, und dem Sozialreferenten Reiner Delgado einen Aktionsplan entwickelt zur Förderung der Frauen im DBSV.

Diesen Aktionsplan haben Silvia Hame und ich im Oktober 2021 bei der Verwaltungsratssitzung in Bielefeld vorgestellt. Der Plan beinhaltet, dass die Landesvereine die Frauen mehr fördern, versuchen, sie mehr für die Gremienarbeit zu gewinnen und jeweils mindestens eine Vertreterin zu den Frauenseminaren entsenden und die Kosten dafür übernehmen. Auch sollen sie den Frauen ein Budget an die Hand geben, damit sie Referentinnen oder Referenten für ihre Frauenarbeit einladen oder Räume dafür mieten können. Auch Online-Veranstaltungen anzubieten, sieht der Aktionsplan vor.

Der Plan wurde von den Delegierten des Verwaltungsrats einstimmig angenommen, und das hat mich sehr gefreut. Natürlich muss er mit Leben gefüllt werden. Silvia Hame hatte vorher eine Statistik erstellt, aus der hervorging, dass es drei Landesvereine gab, die keine Frau im Vorstand hatten und auch solche, bei denen es weniger als 30 Prozent waren. Bei den übrigen lag der Frauenanteil im Vorstand zwischen 40 und 60 Prozent.

Inwiefern ist es gelungen, diese Zahlen zu steigern?

Es gibt noch Nachholbedarf. Schön finde ich, dass es im DBSV-Präsidium seit dem Verbandstag 2022 mehr Frauen gibt: Vorher waren es zwei, jetzt sind es vier, das ist ein großes Plus. Wir in Bayern haben leider auch nur zwei Frauen im Vorstand. Im vergangenen November waren Neuwahlen, und ich hätte mir gewünscht, es wäre wenigstens noch eine Frau dazugekommen. Aber natürlich muss es auch passen, man hat dann ja nicht nur ein Amt, es muss auch Spaß machen, man muss mit Herzblut dabei sein und den Frauen etwas anbieten. Manche Frauen entwickeln große Kreativität und nehmen das mit vollem Elan in die Hand, und andere wissen gar nicht so recht, was sie tun sollen.

Wie kann es gelingen, mehr Frauen und vielleicht auch mehr Mädchen – Stichwort Nachwuchsförderung – für ehrenamtliche Arbeit in den Vereinen zu gewinnen, oder warum ist das so schwierig?

Zwei Frauen, die sich bei den Händen halten, von unten fotografiert, sodass man über ihnen den Himmel und keine Gesichter sieht.
Bild: Pixabay/Mohamed Chermiti

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es manchmal so ist: Eine Frau übernimmt ein Amt und plant eine Veranstaltung. Dann kommen vielleicht nur wenige Leute dorthin oder es ist eine Person dabei, die notorisch nörgelt. Dann werfen die natürlich gleich wieder hin. Mein Wunsch wäre es, dass man die neuen Ehrenamtlichen begleitet. Beim Frauenseminar sage ich immer: Ruft mich an oder schreibt mir eine E-Mail, wenn ihr Probleme habt! Wir können reden, um die Leute nicht gleich wieder zu entmutigen, sondern zu motivieren und zu sagen: Ja, die gibt es immer, die notorischen Nörgler, aber das sind eigentlich die, die mit sich selbst unzufrieden sind.

Du hast das Ehrenamt der Frauenbeauftragten nun in andere Hände gelegt. Wie wird es künftig weitergehen mit der Frauenarbeit, auch mit den Seminaren?

In diesem Jahr habe ich mir erst einmal eine Auszeit erbeten – aus persönlichen und aus gesundheitlichen Gründen. Wir machen dieses Jahr kein bundesweites Frauenseminar. Ich hatte darum gebeten, dass nach einer Nachfolgerin gesucht wird, und die wurde auch inzwischen gefunden: Ute Lutzenberger vom DBSV-Präsidium übernimmt die Aufgabe der Frauenbeauftragten, worüber ich mich sehr freue. Wir werden uns noch zusammensetzen, eine Übergabe machen, und ich bin überzeugt, dass die Frauenarbeit im Verband dann schwungvoll weitergeht.

Am 8. März ist Weltfrauentag: Wenn du einen Wunsch frei hättest zu diesem Tag, was würdest du dir wünschen?

Eine gute Fee, die den Frauen, jeder einzelnen, immer eine große Portion Mut und Selbstvertrauen schickt. Ich habe neulich ein schönes Beispiel gehört in Sachen Figur. Die Frauen sind halt immer unzufrieden mit sich und sagen: Da habe ich Pölsterchen, und da könnte es weniger sein. Ein Mann stellt sich vor den Spiegel – nur frontal, nicht von der Seite – und sagt: Passt schon! Eine Frau findet immer etwas an sich auszusetzen und sagt: Das kann ich nicht, und da bin ich nicht perfekt. Es fehlt an Selbstvertrauen, an Mut, an einer „Ich packe es an“-Haltung. Jede und jeder macht mal einen Fehler und hat Ecken und Kanten – es muss niemand perfekt sein, aber es ist wunderbar, wenn man ein Ehrenamt hat und ein positives Feedback bekommt, bei mir als Frauenbeauftragte eben zu den Seminaren.

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